Bruder Franziskus
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Dies und Jenes
Pink Floyd - Konzert

   

ZUM SATIRE-INHALT


Dies und Jenes

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   Truthahn hessisch
   The Wall
   Wertbeutelverordnung
   Das usenet
   Der Kasper kommt
   Rettet die Mitesser
   "In concert"
   Das Interview

   Lady Di
   Lieber Herr Duplo
   Fußballfieber
   Spülen für Männer
   Requiem

In concert...

 
  Der beste Freund von allen ist "Fan".
 
  So ein richtiger, versteht sich! Seit Kindheitstagen schwärmt er von dieser Gruppe mit dem drolligen Namen. "Pink Floyd". Klar, man kennt die irgendwie. Immer, wenn im Fernsehen ein Flugzeug über Wolken schwebend zu sehen ist, erklingt automatisch das "Shine on you crazy diamond" - Theme.
 
  Mein Freund hat sogar noch mehr Platten von denen. Um ehrlich zu sein, er hat mehr, als es eigentlich gibt. Das sind die von ihm heißgeliebten "bootlegs", schwarze Scheiben, auf denen die 30. Kopie des Bandes gepreßt wurde, das ein Fan 1968 in der hintersten Reihe der Royal Albert Hall mit dem Diktiergerät aufgenommen hat. Es ist ziemlich schwierig, die mechanischen Störungen des Mediums von den genialen elektronischen Verfremdungen der Musiker zu unterscheiden, vor allem wenn der Nachbar des unbekannten Raubkopieres mit bestem Cockney Slang in das Mikro grölt oder in die Hände klatscht.
 
  Dermaßen vorgebildet, konnte ich seinem Drängen zu einem Konzertbesuch (Konzert???) der Gruppe natürlich nicht widerstehen. Seinen Weisungen gemäß erreichten wir die Stätte des Ereignisses vier Stunden vor Veranstaltungsbeginn, und mischten uns in die Menge der freibadähnlich lagernden Fans auf dem sonst umkämpften Rasen des Müngersdorfer Stadions. Daß wir einen Stehplatz gebucht hatten, merkte man zwei Stunden später, als die Lautsprecherdurchsage zum Vorrücken aufforderte, um den nachströmenden weiteren 20000 Besuchern Platz zu machen. Zunehmende Nervosität breitet sich aus. Das Einschalten eines Verstärkers ruft einen 135 Dezibel-Knacks hervor, der mit anhaltendem Beifall begrüßt wird. Einige Fans, die ihren Afghanen frühzeitig aufgebraucht haben, versuchen dem Nachhall Extase abzugewinnen und müssen wegen zu großen Flächenverbrauchs entfernt werden.
 
  Die Techniker schaffen es irgendwie, die Sonne majestätisch hinter der Bühne verschwinden zu lassen und dann - dann fällt erstmal ein 20 x 40 m großer Vorhang, der bisher die Lautsprecher verhüllt hatte. Die Menge kreischt und setzt zum tobenden Applaus an, den die mit Marshall und ähnlichen seltsamen Namen beschrifteten Akustikgeräte relativ ungerührt zur Kenntnis nehmen. In der Aufregung merkt kaum jemand, daß der Organist der Combo, ein gewisser Herr Wright, bereits minutenlang den Grundton des oben erwähnten Liedes intoniert, und als es in die Gehörgänge dringt, ist es für Beifallskundgebungen zu spät, denn der sysop, oder wie diese Männer an den Schaltpulten heißen, hat endlich volle Leistung auf die Anlage gegegeben, sodaß eine startende Boeing lautlos neben dem Stadion hätte abheben können.
 
  Einem zu weit vorn stehenden älteren Besucher wird das Toupet vom Kopf geweht, doch nimmt niemand Kenntnis von ihm. Auch der beste Freund von allen hat einen glasigen Blick bekommen und bemerkt meine Unruhe nicht, die durch die Verbindung eines 10 Hertz-Tons und einem unterbliebenen Toilettenbesuch zustandekommt. Auf der Bühne zucken apokalyptische Blitze und beleuchten D. Gilmour, einen älteren Herrn mit ähnlich kargem Haarwuchs wie ich, der dank ausgefeilter Technik die Schwingungen seiner Wandergitarre bis zur Domplatte überträgt. Allenthalben wird fleißig Nebel mit anscheinend besonders großen Zigaretten erzeugt, der die zugeschalteten Laser besser zur Geltung bringt. Die Veranstaltung scheint von der Bauerninnung gesponsert zu werden, denn minutenlang schwebt ein großes Schwein über den Köpfen hinweg, allerdings ohne Werbeaufschrift. Irgendwann falle ich mehr oder weniger in ein Koma und werde erst wieder wach, als die Menge zum Ausgang drängt. Die Nacht ist seltsam ruhig! Mein Freund bewegt die Lippen und ich nicke anstandshalber, um nicht unhöflich zu sein. Das Gehör soll ja regenerationsfähig sein.
 
  Auf dem Nachhauseweg lächle ich nachsichtig über die ärmliche Lightshow, die an jeder Straßenecke geboten wird und nehme dank meines Ohrensausens nicht die entsetzten Schreie meiner Mitfahrer wahr. Doch, es war nett. Wahrscheinlich höre ich das "Bootleg"-Album jetzt auch ohne diese störenden Knistergeräusche!
Fr@nziskus