
Ein Album, verwirrende
Texte, ein Film, ein Spektakel in Berlin.
All das ist vom flüchtigen Hörer sicher nicht leicht
zu durchschauen, zu verstehen, und ich möchte versuchen, vor allem
den Neueinsteigern das Verständnis zu erleichtern.
Hier
sind die Texte zu THE WALL
Das Stück
"The Wall" gibt es in fünf Varianten:
- The Wall - Das Album
Ein Konzeptalbum,
also eine zusammenhängende Musikstory auf zwei LPs, bzw. CDs von
Pink Floyd, 1979
- The Wall - Der Film
Ein abendfüllender
Kinofilm (auch als Video erhältlich), in dem "Pink"
(Bob Geldorf) die Rolle des Musikers verkörpert, der sich allmählich
hinter einer selbsterrichteten (mentalen) Mauer zurückzieht, dort
mit seinem Wahn zu kämpfen hat und sich schließlich befreit.
Teils autobiographische Elemente von Roger Waters, vermischt mit der
Angst vor Machtphantasien über ein fanatisches Publikum und Hitler-
ähnlichem Charisma. Der Film erklärt viele Sequenzen und
Texte des Albums, die ohne die visuelle Begleitung ohne Bedeutung sind.
Im Film gibt es [nahezu] keine Dialoge, sondern nur die aus dem Album
bekannte Musik und Geräusche. Man darf keinen normalen "Handlungsfilm"
erwarten, sondern sieht in der "Gegenwart" des Films, wie
Pink in seinem Hotelzimmer vor dem TV sitzt und sich mit Drogen (sichtbar:
Joint) zudröhnt. Viele Geräusche und Gesprächsfetzen
des Albums stammen aus Bruchstücken der Fernsehkanäle, durch
die Pink zappt. Dabei lassen ihn Erinnerungen in Träume der Vergangenheit
driften, in denen wir seinen Vater im Kriegseinsatz sehen, seine überfürsorgliche
Mutter und frühe Kindheitserlebnisse, seine Frau, Ängste,
Alpträume...
Als wäre
der Film nicht bereits surrealistische genug, werden die Realszenen
mit Zeichentrickfilmen gemischt, deren Figuren man auf der Innenseite
des Plattencovers betrachten kann. "Zeichentrickfilm" nicht
im Sinne von Disney oder den Simpsons, sondern als bitterböse,
zum Teil zynische Weltansichten. Die gesamte Schlußszene, das
"Gericht" ist Trickfilm. Schöpfer der Szenen ist Gerald
Scarfe, der auch einen Namen als poltischer Karikaturist hat.
-
The Wall - Die
Tour
1980/81 führten
Pink Floyd das Stück in einigen wenigen großen Hallen auf.
Die Show war so perfekt wie aufwendig, und glich eher einem Schauspiel
oder einem Musical. Zentraler Mittelpunkt war eine echte, 40 m breite
Mauer, die langsam aufgebaut wurde und beim Finale zusammenstürzte.
Die aus dem Kinofilm bekannten Zeichentrickfilme wurden während
der Show synchron auf drei Mauerabschnitte projeziert. Die Hauptfiguren
des Trickfilms - Lehrer, Mutter, tanzten in den entsprechenden Szenen
als riesige Marionetten vor der Mauer herum. Die Halle war mit schwarzen
Flaggen verhängt, die das "Hammer"-Symbol zeigten und
so zur realistischen Bühne der "surrogate"-Band, der
aus dem Film bekannten, Nazi-ähnlichen Aufführung diente.
Es gab spektakuläre Szenen, in denen ein Hotelzimmer mit einem
TV-sehenden Pink, alias Roger Waters aus der Wand herausklappte, in
denen David Gilmour hoch oben auf der Mauer stand und sein Solo spielte,
Feuersäulen und die übliche Lightshow natürlich.
- The Wall Berlin
90 - Live in
Berlin
Am 21. Juli
1990, nach seiner Trennung von Pink Floyd, führte Roger
Waters The Wall noch einmal
in Berlin auf, passend zum realen Mauerfall zuvor. Anstelle der Floyd-
Kollegen trat eine sehr gemischte Truppe individueller Stars auf, wie
Sinéad O´Connor, Bryan Adams, Ute Lemper, Cyndi Lauper,
Marianne Faithfull, Van Morrison, die Scorpions u.v.a.
Die Show wurde im TV übertragen, es gibt ein Live-Album und ein
Video davon. Die Effekte waren ähnlich denen der 80er Tournee,
vielleicht noch eine Stufe gigantischer, um der Zeit gerecht zu werden.
Musikalisch gab es einige Pannen, Sinéad O´Conner vergaß
ihren Text ("Mother"), andere Stimmen paßten nicht
so recht zu den Songs, aber für eine derart gemixte Truppe und
vermutlich knappen Proben war es recht ansehnlich. Die Meinung der
Fans geht allerdings in diesem Punkt stark auseinander....
Eine sehr schöne
Website zu dieser Version hat Steffen aufgebaut. Besonders beeindruckend
sind die über hundert Fotos,
die das gesamte Ereignis dokumentieren.
extern ->
: The Wall 1990
in Berlin
- Is There Anybody
Out There - Die
Tour als Live-Mitschnitt
Dieses im März
2000 erschienene Album enthält den nachbearbeiteten Live-Mitschnitt
der Pink Floyd Tournee 1980/81. Im beigefügten Buch der Special-Ausgabe
sind viele Fotos und technische Anweisungen zur damaligen Show zu sehen.
(Eine deutsche Übersetzung des Booklets gibt es bei Guido. extern
-> Guido Vobig )
The Wall ist ein
umstrittenes Werk. Es ist mehr oder weniger eine Selbstdarstellung von
Roger Waters und war nicht der geringste Anlaß, der zur Trennung
der Band führte.
Auch die Thematik, die zum Teil harten "Bilder",
die Vermischung verschiedener Empfindungswelten führt schnell zur
Polarisierung der Fans. Entweder, man steht mit Abscheu davor oder empfindet
es als geniales Werk.
Um die Texte, den
Inhalt zu verstehen, ist es fast unumgänglich, den gleichnamigen Film
gesehen zu haben. Nur so kann man die Zusammenhänge erkennen, die
Rätsel der Geräuschkulisse lösen und die Gesamtaussage beurteilen.
The Wall war von Anfang an als Filmprojekt geplant. Man muß
sich das Album eher als den zugehörigen Soundtrack vorstellen. Die
wenigen Live-Shows mögen als Ersatz herhalten.
The Wall ist eine
Mischung aus flammender Anti-Kriegs-Kampagne, Aufarbeitung der Psychosen
Roger Waters´, Philosophien über das Band-Publikum-Verhältnis
- alles Themen, die weitab vom tägliche "Love"-Pop/Rock-Song
liegen. Der Film - faszinierend, aber schwer verdaulich.
Hier für alle Neulinge/Neugierigen ein kurzer Überblick
über das Geschehen in The Wall:
Es dreht sich alles
um die Person "Pink", eine fiktive Gestalt, die aber eindeutig
die Historie Roger Waters in sich trägt und gleichzeitig als Synonym
für eine gefeierte Band dient.
Pink ist "ausgebrannt" vom ständigen Streß,
Tourleben, Drogen und sitzt bekifft in seinem Hotelzimmer, mehr in der
imaginären, als in der realen Welt verhaftet. Währenddessen tritt
eine Ersatzband ("Surrogate"-Band) vor das wartende Publikum
und entpuppt sich als die negative Kraft einer massenbeeinflußenden
Größe, vergleichbar - und verglichen - mit den hypnotisierenden
Großveranstaltungen der Nazis.
Pink denkt über sein Leben nach... die Texte der ersten
Hälfte sind Rückblenden auf sein Leben, der Tod des Vaters in
einem sinnlosen Einsatz in Annunzio/Italien bei der Verteidigung eines
Brückekopfes im 2.Weltkrieg, das Unverständnis des jungen Pink,
der versucht, zu begreifen, warum alle die glorreichen Soldaten so toll
finden, die sich Arme und Beine wegschießen
und sich erschießen lassen, anstatt ihre Kinder im Leben zu begleiten,
die übertriebene Fürsorge der Mutter, die im Bemühen, den
Vater zu ersetzen, mehr erstickt, als hilft, die Schule mit ihren sadistischen
Lehrern - alles "Steine in der Mauer", die allmählich um
Pink wächst, und ihn vom realen Leben ausschließt.
Groupies erleben einen dahindämmernden Pink, der plötzlich
ausrastet und sein Mobiliar zerstört, um anschließend völlig
introvertiert zu werden. Ein Arzt wird herbeigerufen, um ihn wieder zu
Bewußtsein zu bringen - hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen
- die Band soll auftreten, als sei nichts geschehen. Pink sieht sich als
Diktator auf der Bühne stehen, ein surrealistischer Hitler und schreckt
vor seiner eigenen Macht - und seinem zerstörten, gefesselten Geist
zurück.
In seinem Inneren spielt sich eine Gerichtsverhandlung ab
- bizarr auf dem Album - noch bizarrer als Cartoon Gerald Scarfe´s
im Film - und wird vom Richter verurteilt, seine schützende Mauer
niederzureißen und sich dem normalen Leben zu stellen.
Wer nur die "Schülerhymne"
' We don´t need no education'
( = Another Brick in the Wall Part II) kennt, ist eventuell enttäuscht,
oder noch eher schockiert. Ich weiß nicht, was die Band oder die
Produzenten seinerzeit bewogen hat, ausgerechnet diesen Song auszukoppeln,
aber er ist wohl derjenige, der am wenigsten mit dem Inhalt zu tun hat.
Hier sind die Texte zu THE WALL
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